Dieser Beitrag gehört zu einer Beitragsserie rund um das Thema Intervalltraining.

Was ist hochintensives Intervalltraining

Hochintensives Intervalltraining (HIIT) wird definiert als: Training, bestehenden aus wiederholten hochintensiven Anstrengungen über der aerob-anaeroben Schwelle oder Critical Power/Speed, unterbrochen von Perioden mit niedriger Intensität oder passiver Pause. Somit ist HIIT eine Art der Trainingsform Intervalltraining, wobei die Intensität der Belastung immer überhalb der Lakatschwelle liegt.

Paul Laursen, Martin Buchheit – Schein and Application of High-Intensity Interval Training

Ziele und Wirkung

Ein grundsätzliches Ziel von HIIT ist es, dass wir für unseren Sport relevanten physiologische Systeme belasten (Stress/Reiz ausüben), um dieses System zu einer Anpassung (Verbesserung) zu zwingen. Die gewählte Stärke des Reiz entspricht dabei der Anforderung des Wettkampfs oder liegt über ihr. Die wesentlichen Systeme sind dabei unseren Energiestoffwechsel und unser neuromuskuläres System.

Den Stoffwechsel vereinfache ich stark auf die aerobe Oxidation und anaerobe Glyklolyse. Das neuromuskuläre System bezeichnet die Ansteuerung von Muskeln durch das Gehirn und beinhaltet damit die Muskeln und das Nervensystem.

Damit können wir drei Grundziele definieren, die wir treffen können und durch die Kombination dieser Ziele ergeben sich sechs verschiedene Typen von HIIT-Training.

  • Aerobe Trainingseffekt
  • Anaerober Trainingseffekt
  • Neuromuskulärer Trainingseffekt

Das ergibt dann sechs Typen an HIIT-Zielen:

  • Typ 1: Es wird nur der aerobe Stoffwechsel angesprochen
  • Typ 2: Auf Stoffwechselebene wird nur der aerobe Weg angesprochen, zusätzlich wird erfährt der Körper eine hohe neuromuskuläre Belastung
  • Typ 3: Auf Ebene des Stoffwechsels wird sowohl der aerobe Weg als auch der anaerobe Weg adressiert
  • Typ 4: Zusätzlich zu den beiden Stoffwechselwegen (aerob und anaerob) erfährt der Körper einer neuromuskulären Reiz
  • Typ 5: Der aerobe Stoffwechselweg wird nicht angesprochen, dafür der anaerobe und zusätzlich wird ein neuromuskulärer Reiz gesetzt
  • Typ 6: Dies ist ein theoretisches Ziel und wird in der Regel durch andere Trainingsformen adressiert.

Je nach gewählter HIIT-Form, lassen sich unterschiedliche HIIT-Typen realisieren. Dazu mehr im nächsten Kapitel.

Man kann sich nun fragen, warum man hier überhaupt differenzieren muss, wenn man mit einem Typ 4 Training doch alles ansprechen kann? Es gibt genug Situationen in denen präziser vorgegangen werden muss oder sollte. Ein Beispiel wäre ein Athlet, welcher eine geringe VO2max und eine hohe VLamax vorweist und die Dauer zum Wettkampf kein sequenzielles Training (erst VO2max hoch, dann VLamax herunter) zulässt. Nun soll die VO2max noch gezielt angesprochen werden, aber jeder Trainingsreiz auf das anaerobe System vermieden werden. Hier wäre ein Typ 1 HIIT das Mittel der Wahl. Ein weiteres Beispiel wäre eine Marathonvorbereitung, bei der mit zunehmender Nähe zum Wettkampf der neuromuskuläre Reize reduziert werden soll.

Die Formen des hochintensiven Intervalltrainings

Zwei der meist angewendeten Formate für ein hochintensives Intervalltraining sind “Short Intervals” und “Long Intervals”. Weitere Formate wären ein ein spielbasierter Ansatz (kommt z.B. in Teamsportarten zum Einsatz), Repeated Sprint Training (RST) und Sprint Intervall Training (SIT)

Generell gilt für das Intervalltraining, dass durch die Manipulation verschiedener Parameter ein unterschiedliches Training entsteht und unterschiedliche Ziele (siehe Grafik oben) adressiert werden können. Zu diesen Parametern gehören:

  1. Intensität des Belastungsintervalls
  2. Dauer des Belastungsintervalls
  3. Intensität des Entlastungsintervalls
  4. Dauer des Entlastungsintervalls
  5. Serienumfang
  6. Anzahl an Serien
  7. Dauer der Serienpause
  8. Intensität der Serienpause
  9. Gesamtvolumen
  10. Modalität (Gelände, Bodenbeschaffenheit, etc.)
  11. Umgebungsbedingungen (Temperatur, Höhe, etc.)
  12. Ernährungs-/Verpflegungsstatus

Sidenote: Das bedeutet aber auch, dass wenn du z.B. Intervalle schneller als angegeben läufst, dass du ggf. einen anaeroben Reiz ausübst, der von deinem Trainer nicht geplant war.

Long Intervals

“Long Intervals” ist dabei ein Format mit langer Dauer des Belastungsintervalls. Lang ist hierbei auf hochintensives Training bezogen und ist eine Dauer von 1-8 Minuten. Wer gewohnt ist, “lang” bei Intervalltraining auf eine Dauer von z.B. 20 oder 30 Minuten zu beziehen, dann handelt es sich dabei nicht um hochintensives Intervalltraining, sondern um mittlere Intensitäten wie GA2, Sweet Sport, etc.

“Long Intervals” haben einen sehr hohen aeroben Reiz, aber in der Regel auch einen sehr hohen anaeroben Reiz. Zusätzlich sind wir mit langen Intervallen in der Lage eine neuromuskuläre Belastung zu kontrollieren. Damit erreichen lange Intervalle die Ziele Typ 3 (aerob und anaerob) und Typ 4 (aerob, anaerob, neuromuskulär).

Über die Manipulation der Parameter lässt sich nun die Stärke des Reizes auf die genannten Systeme steuern. Wie das genau funktioniert und wie du dafür die Ergebnisse einer Leistungsdiagnostik nutzen kannst, beschreibe ich in einem separaten Beitrag (coming soon).

Short Intervals

Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich bei “Short Intervals” um ein Intervalltraining mit kurzen Belastungsintervallen. In der Regel 10-60 Sekunden, unterbrochen von ähnlich langen Pausen.

“Short Intervals” sind eine ziemlich vielseitiges Instrument. Wenn Typ 4 (aerob, anaerob, neuromuskulär) HIIT eine Art “Massenvernichtungswaffe” sind, die brachial alle Ziele treffen, dann sind mit kurzen Intervallen chirurgisch Präzise Eingriffe möglich. Zum Beispiel kann ein Intervalltraining entworfen werden, dass nur das aerobe System stresst, aber keine relevanten Auswirkungen auf das anaerobe oder neuromuskuläre System hat (Szenario: VLamax zu hoch [anaerober Effekt vermeiden] und es soll in den Folgetagen noch umfangreich trainiert werden und darum die Beine entsprechen geschont werden [neuromuskulärer Effekt vermeiden]. Durch die Manipulation der Parameter lassen sich also mit Short Interval folgende Typen umsetzen: Typ 1 (aerob), Typ 2 (aerob und neuromuskulär), Typ 3 (aerob und anaerob) und Typ 4 (aerob, anaerob, neuromuskulär).

Auch für Short Intervals beschreibe ich in einem separaten Beitrag, wie über die Ergebnisse der Leistungsdiagnostik die unterschiedlichen Typen erstellt oder gewichtet werden.

Abschluss

Hochintensives Intervalltraining ist ein vielseitiges Mittel um gezielt oder grobflächig Stress auf physiologische Systeme zu erzeugen. Beim Vorschreiben und Ausführen solcher Trainingseinheiten müssen bis zu 12 Parameter berücksichtigt werden. Eine Veränderung eines Parameters kann potenziell zu einem komplett anderen Training führen als es beabsichtigt war. In der Trainingsberatung erarbeite ich für dich die passenden Intervallaufgaben. Durch die Durchführung einer Leistungsdiagnostik wissen wir, welche Ziele wir zu adressieren oder zu vermeiden haben und können aufgrund der Erkenntnisse der Leistungsdiagnostik präziseres Intervalltraining entwerfen.


2 Kommentare

Intervalltraining - Short Intervals HIIT - Patrick Harms · 29. April 2020 um 15:22

[…] einleitenden Artikel zu hochintensiven Intervalltraining habe ich zwei HIIT Formen (Long Intervals und Short Intervals) vorgestellt. In diesem Beitrag […]

Intervalltraining – Long Intervals HIIT - Patrick Harms · 4. Mai 2020 um 20:02

[…] einleitenden Artikel zu hochintensiven Intervalltraining habe ich zwei HIIT Formen (Long Intervals und Short Intervals) vorgestellt. Wenn Short Intervals […]

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